Plaudern über das Mittherbstfest

【話中秋】


Das jährlich auf den 15. Tag des 8. Monats nach dem chinesischen Mondkalender fallende Mittherbstfest ist ein traditionelles chinesisches Fest, das mit dem Frühlingsfest, dem Drachenbootfest und dem Fest der Toten zusammen als eins der vier großen traditionellen Feste der chinesischen Han-Nationalität gilt. Am Mittherbstfest betet man für das Zusammenkommen der Familien, deswegen wird es auch Fest des Familientreffens” genannt. Und weil sich dabei alles um den “Mond” dreht, heißt es im Volksmund auch “Mondfest”. Das Wort “Mittherbst” erschien zum erstem Mal in “Riten der Zhou” (alt chin. Aufzeichnungen), und erst Anfang der Tang-Dynastie (618 – 907) wurde daraus ein regelmäßiges Fest. Im “Buch der Tang-Dynastie: Aufzeichnungen des Kaisers Taizong” steht zu lesen “Mittherbstfest am 15. August”. In den nachfolgenden Song-, Ming- (1368 – 1644) und Qing-Dynastien (1644 – 1912) begann sich das Mondfest weiter zu verbreiten und wurde eins der wichtigen, nämlich das zweitgrößte chinesische traditionelle Fest nach dem Frühlingsfest.

【后羿射日 嫦娥奔月】
Hou Yi schieβt auf die Sonne und Changü΄e fliegt auf den Mond

In alten Zeiten waren Naturwissenschaften nicht entwickelt. Gelehrte voller Einbildungskraft hegten viele Fantasien den schönen Mond betreffend und verliehen ihm zahlreiche Legenden. Von der Han- (206 v. Chr. – 220) bis zur Tang-Dynastie haben Gelehrte nacheinander Gedichte und Aufsätze geschrieben, wozu der Vollmond am 15. August das beste Motiv wurde, Gefühle auszudrücken.

Die sich in der Neuzeit im Volk am weitesten verbreitenden Geschichten sind “Heu Yi schießt auf die Sonne” und “Chang’e fliegt auf den Mond”. Der Legende nach erschienen eines Jahres in grauer Vorzeit am Himmel zehn Sonnen, die so heiß brannten, dass die Erde rauchte, das Meer austrocknete und gewöhnliche Menschen bald nicht mehr weiter leben konnten. Da bestieg ein Held namens Hou Yi den Gipfel des Kunlun-Berges, spannte den Bogen und schoss auf einmal die neun überflüssigen Sonnen herunter. Weil Hou Yi das Volk von der Plage befreite, wurde er respektiert und verehrt, und viele kamen aus Bewunderung zu ihm in die Lehre, darunter auch der tückische Peng Meng. Hou Yi hatte eine schöne und gutherzige Frau, die Chang’e hieß. Das in Harmonie miteinander lebende ideale Ehepaar wurde von allen beneidet.

Eines Tages ging Hou Yi zum Kunlun-Berg, um magische Fähigkeiten zu erwerben. Zufällig traf er die hier vorbeikommende Himmelskönigin, die ihm eine Packung Lebenselixier gab. Wer dieses Elixier einnahm, konnte augenblicklich zum Himmel aufsteigen und unsterblich werden. Da Hou Yi es nicht übers Herz bringen konnte, seine Frau im Stich zu lassen, gab er Chang’e den Wundertrank zur vorläufigen Aufbewahrung. Unbemerkt wurde das von Peng Meng gesehen. Drei Tage später führte Hou Yi seine Schüler zum Jagen aus, aber Peng Meng stellte sich krank und blieb zu Hause. Als Hou Yi fort war, kam Peng Meng plötzlich in den Hinterhof gestürzt und zwang Chang’e, das Elixier herzugeben. Wissend, dass sie ihrem Bedroher nicht entkommen konnte, verschluckte sie aus Angst den Zaubertrank.

Sobald Chang’e das Elixier verschluckt hatte, schwebte sie vom Boden zum Himmel empor. Weil sie sich Gedanken um ihren Mann machte, flog sie auf den in kürzester Entfernung von der irdischen Welt gelegenen Mond und wurde dort zu einer unsterblichen Fee. Als Hou Yi am Abend nach Hause gekommen war, erzählten ihm die Dienstmädchen weinend, was tagsüber geschehen war. Bestürzt und wütend holte er das Schwert heraus und wollte den Bösewicht töten. Aber Peng Meng war längst geflohen. Tief traurig schaute Hou Yi zum Nachthimmel hinauf und rief den Namen seiner lieben Frau. Da entdeckte er erstaunt, dass der Mond in dieser Nacht besonders hell und klar schien, und dass es auf seiner Oberfläche einen wackelnden Schatten gab, der Chang’e sehr ähnlich sah. Eilig begab sich Heu Yi in den Hintergarten, wo sich seine Frau oft aufgehalten hatte und stellte einen Tisch mit Weihrauchstäbchen und Chang’e Lieblingsspeisen auf, um ihr im “Mondpalast” Opfer zu bringen.

Als die Leute davon erfuhren dass Chang’e zum Mond geflogen und unsterblich geworden war, stellten sie alle nacheinander ebenfalls einen Tisch mit Weihrauchstäbchen im Mondschein auf und beteten zur gutherzigen Chang’e für Glück und Gesundheit. Seitdem verbreitete sich dieser Brauch im Volk.

【中秋月餅圓】
Runde Mondkuchen am Mondfest


“Am 15. August ist der Vollmond rund, und der Mondkuchen duftend und süß”. Dieses Sprichwort besagt, dass in der Nacht des Mondfestes alle Menschen in der Stadt und auf dem Land Mondkuchen essen, um der Sitte des “Familientreffens” zu folgen. Der Mondkuchen war ursprünglich das Opfer an die Mondgöttin, entwickelte sich später allmählich in der Bewunderung des Mondes und dem Genuss des Kuchens zum Symbol für das Familienfest, nach und nach wurde der Mondkuchen auch ein Fest-Geschenk an Verwandte und Freunde. Schon zur Zeit der Yin- und Zhou-Dynastien (1600 v. Chr. – 25 6 v. Chr.) gab es im Volk “Taishi (Minister)-Kuchen mit dünner Hülle und dicker Füllung” zum Gedenken an den Minister Wen Zhong. Während der Kaiser-Periode “Gao Zu” in der Tang-Dynastie gewann der große General Li Jing die Strafexpedition gegen die Hunnen und kehrte am 15. August siegreich zurück. Damals überreichten Turfaner Händler dem Kaiser Gao Zu Li Yuan Kuchen zum Gratulieren. Dieser nahm die prächtige Kuchenschachtel, holte den runden Kuchen heraus, zeigte lächelnd auf den hellen Mond und sagte: “Man solle die Kröte (hier: den Mond) zum salzigen Kuchen einladen”. Dann verteilte er den Kuchen an alle hohen Beamte.

In der Ming-Dynastie wurde dem Mondkuchen die Bedeutung des “Familientreffens” verliehen. Und seither war es populär, zum Mondfest Mondkuchen herzustellen: Dieser hatte meistens Früchte als Füllung, dazu schufen gescheite und geschickte Kuchenbäcker auch verschiedene Backmuster und verkauften deswegen alles für einen guten Preis. In der Qing-Dynastie war der Genuss von Mondkuchen am Mondfest schon eine verbreitete Sitte, denn inzwischen wurden die Herstellungstechniken immer feiner. Dabei benutzte man verschiedene Zutaten wie Pinienkerne, Walnüsse, Kürbiskerne, Kandiszucker usw. zur Füllung. Der Mondkuchen schmeckte duftend und süß, war nicht fettig und gefiel den Leuten sehr.

Der Mondkuchen hat sich bis heute in China zu typischen lokalen Eigenarten und vielfältigen Sorten entwickelt. Darunter sind die fünf Jing-, Jin-, Su-, Guang- und Chao-Sorten mit unterschiedlichem Geschmack am beliebtesten. Der Mondkuchen symbolisiert das Beisammensein und ist ein unentbehrliches Genussmittel am Mondfest. In der Nacht des Festes geniesst man auch ein paar das Famitientreffen symbolisierende Früchte wie Wassermeionen usw. und erhofft damit. dass die Familie ein glückliches, liebevolles und friedliches Leben führen möge.

【中秋與科舉】
Mondfest und kaiserliche Examen

Es hatte eine sehr subtile Beziehung mit dein kaiserlichem Prüfungssystem, dass das Mondfest ein wichtiges Fest des Jahres wurde. Das in der chinesischen Feudalgesellschaft durchgeführte kaiserliche Prüfungssystem war ein Ereignis, das bei Herrschern immer hohe Beachtung fand. Das dreijährliche Provinzexamen fand nämlich im August statt. Daher nannte man diejenigen, die das Examen bestanden hatten, ” im Mond Lorbeerzweige brechende Leute”. Deswegen wurde das Mondfest feierlich begangen und verbreitete sich allmählich zu einer wichtigen immer populär bleibenden Sitte aller Chinesen.

Bis heute sind die Spuren des kaiserlichen Prüfungssystems an manchen regionalen Sitten und Gebräuchen noch zu erkennen, wie z.B. zum Mond beten, den Mond bewundern usw. Im Gebiet südlich des Unterlaufs des Jangtse Flusses gab es einen Brauch namens “Zhuangyuan-Wahrsagerei”: Man schneidet den Mondkuchen in drei Stücke unterschiedlicher Größe und legt sie aufeinander. Dabei liegt das größte ganz unten und heißt “Zhuangyuan”; das mittlere liegt dazwischen und heißt “Bangyan”; das kleinste liegt ganz oben und heißt “Tanhua”. Dann würfelt die ganze Familie. Wer die größte Nummer hat, ist also Zhuangyuan und gewinnt das größte Stück; dann kommen Bangyuan und Tanhua hintereinander. An diesem Spiel findet man viel Vergnügen.

【各國中秋】
Mondfest verschiedener Länder


Unter dem Einfluss der chinesischen Kultur ist das Mondfest in manchen südost- und nordostasiatischen Ländern auch ein traditionelles Fest. Koreaner nennen es “Chuseok”. Es ist der größte nationale Feiertag und dauert 3 Tage. Früher benutzten Leute diese Tage, um in die Heimat zurückzukehren und Verwandte zu besuchen. Da sie den Verwandten und Freunden Geschenke machten, nannten sie das Fest auch “Emtedankfest”.

In Japan wird der 15. Tag des achten Monats nach dem Mondkalender als “15. Nacht” oder “Hellmond des Mittherbsts” bezeichnet. An diesem Tag folgen die Japaner auch der Sitte der Mondbewunderung, die im Japanischen “Mond sehen” heißt. Dort findet der Tradition nach immer eine Feier statt, die “Fest der Mondbewunderung” genannt wird.

In Vietnam spielen am Mondfest Kinder die Hauptrolle. Mit dem Annähern des 15. Tages des 8. Monats nach dem Mondkalender machen der “Mondkuchen- und Spielzeugwettkampf” zwischen Händlern die festliche Atmosphäre überall besonders offenkundig. Auf dem Markt sind verschiedene Mondkuchensorten mit unterschiedlichem Geschmack, Festlampions in allerlei Form und Gestalt, farbenprächtiges Spielzeug für Kinder und andere. Feiertagsgenussmittel in Hülle und Fülle vorhanden. Die Gesichter der Kinder sind ganz mit Spannung erfüllt in Erwartung des Festes. Am Mondfest sind alle Straßenläden für Mondkuchen, auch in den Gassen, der Hauptstadt Hanoi festlich dekoriert. Große rote Laternen mit Wörtern “Mondkuchen” hängen hoch sichtbar und auffällig vor jedem Laden, die Regale voll mit Mondkuchen jeder Art.

Das in vielen Ländern beachtete Mondfest findet in China noch besondere Aufmerksamkeit. Zum Respekt und Schutz als Kulturerbe wurde das Mondfest am 20. Mai 2006 mit Genehmigung des chinesischen Staatsrates an der Spitze der Liste von staatlichem immateriellen Kulturerbe aufgestellt. Außerdem ist das Mondfest ab 2008 gesetzlicher Feiertag. Die Überlieferung der Kultur hat also kein Ende.